Das Einläuten der Herbstmesse
Der «Hääfelimäärt»
Der «Soggeball»
Der Herbstmesse-Gottesdienst

Das Einläuten der Herbstmesse

Seit dem späten Mittelalter wird die Basler Herbstmesse von den beiden «Mässglöggli» im Turm der Martinskirche eingeläutet. Überall auf den Messeplätzen beginnt von einer Sekunde auf die andere der Jahrmarktbetrieb.

«D Mäss lyttet y, wär mer nit gromt (=kauft), däm schlon y d Schyben y!», riefen im 19. Jahrhundert die Basler Kinder. Heute singen sie es: In einem Liederbuch für die Primarschule findet sich der jugendliche Erpressungsversuch zum Kanon verarbeitet. Seit dem späten Mittelalter wird die Basler Herbstmesse von den beiden «Mässglöggli» im Turm der Martinskirche eingeläutet, jahrhundertelang am 27. Oktober, seit 1926 am letzten Samstag vor dem 30. Oktober. Vor allem die Kinder können den Moment kaum erwarten, denn innerhalb der ersten Viertelstunde der Herbstmesse dürfen sie alle Bahnen gratis benützen. Genau zwei Wochen später läutet das Glöcklein die Messe wieder aus.

Doch nicht nur die Kinder lieben den alten Brauch. Stets versammeln sich viele Menschen auf dem Martinskirchplatz oder in der Turmstube, um das viertelstündige Läuten mitzuerleben. Die «Mässglöggli» werden noch heute von Hand geläutet – gerade für die jüngere Generation ein ungewöhnliches Erlebnis.

Bild: Glockenstuhl des Martinskirchturmes; auf die Schläge dieser Glocken warten stets jung und alt.

Handschuh und Horn

Kurz vor 12 Uhr mittags begrüsst der «Mässglöggner» die Gäste in der Turmstube. Von der Freiwilligen Basler Denkmalpflege erhält er dann – als Lohn für seinen Dienst – einen wollenen linken Fingerhandschuh. Den rechten Handschuh bekommt er zwei Wochen später. So will ihn die Tradition «zwingen», auch zum Ausläuten zu erscheinen. Den Handschuh zeigt er nun der Menge, die unten auf das Läuten wartet, zum Zeichen, dass die uralte Tradition fortgeführt worden ist. Dazu bläst er in ein altes Horn, damit auch niemand diesen lang ersehnten Moment verpasst.

Wenige Augenblicke vor dem 12-Uhr-Schlag herrscht in der Turmstube eine fast gespenstische Stille, eine ungeheure Spannung. Fast wie vor dem Vieruhr-Schlag am Morgenstreich. Fast wie vor dem ersten Böllerschuss am Vogel Gryff. Da, endlich, schlägt die elektrische Glocke Mittag. Leise zählen die Kinder in der Turmstube die Schläge mit. Und nun beginnt der «Mässglöggner» mit seinem Helfer die Herbstmesse an den beiden hell klingenden Glöcklein einzuläuten. Während einer Viertelstunde versehen sie ihren Dienst. Überall auf den Messeplätzen beginnt von einer Sekunde auf die andere der Jahrmarktbetrieb.

Hörspiel zum Münsterplatz und dem Einläuten

Foto des Messeglöckners Franz Bauer, in schwarzem Anzug mit gelber Kravatte gekleidet, mit dem Horn (Instrument) um den Hals gehängt und dem Seil zur Martinsglocke in den Händen.
Franz Baur (rechts) übergibt das Amt des Messeglöckners an Florian von Bidder (links), 2022

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Geschirr kaufen wie vor hundert Jahren

Der traditionelle «Hääfelimäärt» an der Bernoullistrasse gehört zur Herbstmesse wie der «Morgestraich zur Fasnacht». Hier kann man allerlei Geschirr und Töpferwaren kaufen, wie in alten Zeiten. Bereits seit 1877 hat der «Hääfelimäärt» seinen Standort beim Petersplatz. Seit 2010 erstrahlt der Traditionsmarkt wieder in neuem Glanz.

Noch unsere Grossmütter haben auf dem «Hääfelimäärt» jeweils das Geschirr ersetzt, das ihre Familie während des Jahres zerschlagen hatte. Das ist heute nicht mehr nötig: Geschirr aller Art findet man problemlos im Warenhaus und beim Grossverteiler. Trotzdem hat der «Hääfelimäärt» überlebt, ja, er ist noch immer ausgesprochen populär. Das hat mit Tradition und Nostalgie zu tun. Während auf dem Messeplatz, auf dem Kasernenareal und auf dem Barfüsserplatz immer neue Bahnen für den Nervenkitzel eines vorwiegend jüngeren Publikums sorgen und von den  traditionellen Verkaufsständen nur noch die Confiserien mit ihren Messespezialitäten und die Verpflegungsangebote übrig sind, ist hier die Herbstmesse noch, wie sie ursprünglich war. Denn die Basler Messen – der deutsche Kaiser Friedrich III. hatte am 11. Juli 1471 der damals noch reichsdeutschen Stadt das Privileg für eine Frühjahrs- und eine Herbstmesse erteilt – waren eigentlich grosse Märkte, während denen sämtliche Einschränkungen des Handels aufgehoben waren.

Hörspiel zum Petersplatz und Hääfelimäärt

Tradition auf dem Petersplatz


Davon ist heute nur noch auf dem Petersplatz etwas zu spüren. Hier findet man noch immer Waren aller Art, hier wird noch immer gehandelt, gekauft – manchmal auch um Preise gefeilscht. Dass gerade hier die mittelalterliche Tradition weiterlebt, ist allerdings paradox, denn der Petersplatz wurde erst spät für die Herbstmesse geöffnet. Eine Verfügung des Basler Polizeidepartements vom 4. Oktober 1877 hält fest: „Auf Grund eines Grossratsbeschlusses wird die Messe vom Münsterplatz zum Petersplatz und dessen Umgebungen verlegt. Die Verkaufsbuden und Tische werden auf dem Petersplatz, am Leonhards- und Petersgraben aufgestellt. Der Verkauf von irdenem Geschirr wird auf dem Petersplatz nach dem Bernoullianum hin und derjenige der Holzwaren an dem Spalenberg stattfinden.“ Dabei ist es, zumindest was das „irdene Geschirr“ angeht, bis heute geblieben. 

Historisches Bild des Hääfelimäärts auf dem Petersplatz.

Zauberhafte Atmosphäre


Natürlich hat sich der «Hääfelimäärt» seither gewandelt. So ist auf Fotos vom Beginn des 20. Jahrhunderts zu sehen, dass die Marktfahrerinnen ihr Geschirr einfach am Boden ausbreiteten; heute gestalten die Anbieter stimmungsvolle Stände. Zum Alltagsgeschirr ist originell geformte oder elegant designte Gebrauchskeramik gekommen, welches sich besonders für Geschenke eignet. Porzellan von Langenthal und Roeseler steht seit vielen Jahren im Zentrum, verschwunden ist die Töpferware aus dem Elsass. Noch immer ersetzen traditionsbewusste Basler hier ihre Tassen und Teller. 30 bis 40 Prozent seiner Kundschaft kämen zu ihm, weil sie neues Geschirr bräuchten, erzählt Maurus Wenger, dessen Familie seit über 100 Jahren an der Bernoullistrasse einen Stand betreibt. Er sieht den besonderen Reiz des «Hääfelimäärts»  darin, dass sich hier alle Gesellschafts- und Altersklassen mischen und sich am Stand immer wieder interessante Gespräche mit ganz unterschiedlichen Leuten ergeben. Doch nicht jeder kommt um einzukaufen; viele geniessen ganz einfach die besondere Atmosphäre – vor allem am Abend, wenn das Porzellan im Licht von Hunderten von Glühbirnen schimmert und der Märt seinen ganz eigenen Zauber entfaltet.

Wiederbelebung einer Tradition

Seit 2010 unternehmen die Messeverantwortlichen besondere Anstrengungen, den traditionellen «Hääfelimäärt» wieder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. So wurden 2010 erstmals seit Jahren wieder alle Stände mit klassischer Gebrauchskeramik gezielt in der Bernoullistrasse platziert. Seither ist die Bernoullistrasse wie in früheren Zeiten wieder durchgängig mit Geschirr-Ständen bestückt. Seit 2018 macht ein kunstvoll gestaltetes Eingangstor die Messebesucherinnen und -besucher auf den Traditionsmarkt aufmerksam.

Zum Petersplatz und Hääfelimäärt

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Handgestrickte Socken und warmes Essen am «Soggeball»

Zum traditionellen «Soggeball» sind jeweils die Schaustellerinnen und Schausteller der Basler Herbstmesse eingeladen. Der Anlass ist ein Zeichen des Dankes und der Wertschätzung. Die handgestrickten Socken, welche im Verlaufe des Abends verteilt werden, geben dem Ball seinen Namen.

Die Tradition des «Soggeballs» entstand in den 1930er-Jahren, als eine Bibelbotin beauftragt wurde, die Schaustellerinnen und Schausteller der Basler Herbstmesse zu besuchen und sie mit Losungsbüchlein und Traktaten zu beschenken. Aus diesen Begegnungen entstand der Wunsch nach einem Abendanlass für die Schaustellerinnen und Schausteller und ihre Angestellten. So lud die Basler Bibelgesellschaft zu Suppe, Brot und Kakao ein. Die Idee war, den bei Wind und Wetter Tätigen etwas Wärme zu vermitteln.

Seitdem lädt die Basler Bibelgesellschaft alljährlich die Schaustellerinnen und Schausteller der Basler Herbstmesse zum «Soggeball» ein. Der festliche Abend, welcher von zahlreichen Helferinnen und Helfern vorbereitet wird, besteht aus einem Nachtessen, musikalischen Darbietungen, Spielen und Erfahrungsberichten zum Thema Glauben. Ein traditionelles Geschenk sind die handgestrickten Socken, welche das Jahr über gestrickt werden und dem  Anlass seinen Namen geben. Der traditionelle Anlass ist ein Zeichen des Dankes und der Wertschätzung an die Schaustellerinnen und Schausteller und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Basler Bibelgesellschaft geht es dabei primär nicht um eine missionarische Aktion, sondern um ein im christlichen Glauben verankertes Zeichen der Nächstenliebe und Wertschätzung. Der «Soggeball» wird von einem Team von Freiwilligen verantwortet und lebt von grosszügigen Spenden.

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Jedes Jahr am zweiten Herbstmesse-Sonntag findet ein ökumenischer Herbstmesse-Gottesdienst für Schaustellerinnen und Schausteller statt an dem auch alle interessierten Besucherinnen und Besucher willkommen sind. Nicht nur am Gottesdienst sondern auch während der gesamten Herbstmesse sind Messepfarrer und -pfarrerin für die Schaustellerinnen und Schausteller und die Markthändlerinnen und Markthändler im Einsatz.

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